Stellen Sie sich vor, ein Roboter übernimmt den nächsten Elternsprechtag! Klingt verrückt? Vielleicht, aber künstliche Intelligenz ist bereits auf dem Vormarsch in unsere Klassenzimmer. Werfen wir einen Blick darauf, wie KI bereits heute das Lernen und Lehren verändert und inwieweit das Thema bereits im Schulalltag angekommen ist.

Bildungsrevolution durch künstliche Intelligenz?
© Bernhard Gmeiner (Dall-E 3)

Wie KI den Schulalltag umgestaltet

Dieser Blog gibt Einblicke in die Arbeit von Lehrpersonen sowie von Schülerinnen und Schülern und zeigt, wie künstliche Intelligenz den Schulalltag bereits begleitet. Wie können KI-Tools für Lehrerinnen und Lehrer ein echter Gamechanger in Sachen Effizienzsteigerung und Entlastung sein? Welche KI-gestützten Lernplattformen gibt es, die bereits erfolgreich im Unterricht eingesetzt werden? Welche Rolle spielt KI in der schulischen Textproduktion und in einer sich wandelnden Prüfungskultur? Welche Herausforderungen und ethischen Bedenken spielen gerade im schulischen Kontext eine besondere Rolle? Welche Chancen bietet KI für eine stärkere Individualisierung? Diese und viele weitere Fragen werden in diesem Blog in den kommenden Monaten im Mittelpunkt stehen.

Was sagt Generation Z dazu?

Diese erste Ausgabe widmet sich jedoch speziell einer Perspektive, die bisher wenig Beachtung gefunden hat: jene der Schülerinnen und Schüler. Wie erleben Jugendliche diese sogenannte Bildungsrevolution? Welchen Stellenwert hat die KI mittlerweile in ihrem Schulalltag eingenommen? Dazu habe ich mich an meinem Schulstandort im 15. Wiener Gemeindebezirk genauer umgehört und insbesondere mit zwei Schülern meiner Abschlussklasse 8a, Ben und Nils, gesprochen, die sich – genau wie ich – seit der ersten Stunde der Popularisierung von ChatGPT Ende 2022 intensiv mit KI beschäftigen.

TikTok als Informationsquelle #1

Wenig überraschend spielt auch hier die bei Jugendlichen mitunter beliebteste Social-Media-Plattform TikTok (allein zwei von drei der 11- bis 17-Jährigen in Österreich nutzen diese App regelmäßig) eine besondere Rolle. So stießen sie über diese Plattform erstmals auf das Thema Künstliche Intelligenz, wo sie insbesondere von ChatGPT und Midjourney erfuhren. Neugierig geworden, suchten sie auf YouTube und Google nach weiteren Informationen, die ihr Wissen bestätigten. Durch Ausprobieren und Tipps von TikTok verbesserten sie kontinuierlich ihre Prompting-Fähigkeiten und ihren Umgang mit den verschiedenen Tools. Mittlerweile ist KI für sie kein neues Phänomen mehr, sondern ein fester Bestandteil ihres Alltags, der fast alle Lebensbereiche durchdringt.

Wie Schüler von intelligenten Tools profitieren

In ihrem Schulalltag nutzen Ben und Nils eine Vielzahl von KI-Plattformen, um ihre Arbeitsabläufe zu optimieren. Zu den hauptsächlich eingesetzten Tools gehören neben ChatGPT insbesondere DeepL Translate, Caktus.ai, Deepl Write, Microsoft Copilot und das schon genannte Midjourney. Diese Anbieter setzen sie für eine Vielzahl von Aufgaben ein, von der Ideenfindung über die Strukturierung von Präsentationen bis hin zur Unterstützung bei der vorwissenschaftlichen Arbeit. Besonders schätzen sie die Fähigkeit dieser Large Language Models, komplexe Konzepte in einfacher Sprache zu erklären und sofortiges Feedback zu geben. Für ihre VWA nutzten die Schüler die KI, um für Bausteine wie Einleitungen, Zusammenfassungen und das Fazit eine Strukturierungshilfe zu erhalten, was den Schreibprozess beschleunigte und verbesserte.

Ben & Nils, Schüler und KI-Experten aus der 8a
Ben & Nils, Schüler und KI-Experten aus der 8a
© Bernhard Gmeiner

Lehrpersonen auf dem Prüfstand

Fragt man die beiden Schüler nach ihrer Einschätzung inwieweit ihre Lehrerinnen und Lehrer auf die Veränderungen durch und mit KI bislang reagieren, zeichnet sich ein gemischtes Bild ab. Manche Lehrende erkennen das Potenzial von KI und integrieren sie aktiv in den Unterricht. So berichtet Ben von einer spannenden Unterrichtsstunde in Spanisch, in der die Jugendlichen einen Liedtext zu einem bestimmten Thema selbst verfassen mussten und dann mit Hilfe des Tools Suno AI einen sehr überzeugenden, fast schon unheimlich guten Latin-Popsong daraus generieren konnten.

Nils erzählt von einer Unterrichtssequenz in Englisch, in der der Schreibprozess mit KI-Unterstützung im Mittelpunkt stand. So mussten die Schülerinnen und Schüler die ersten Drafts ihrer selbst verfassten Texte mithilfe von ChatGPT auf den Grad der Formalität überprüfen und gegebenenfalls Anpassungen am Vokabular vornehmen. Dieser am Schreibprozess orientierte Ansatz "hat mir zum Beispiel sehr geholfen", so der Schüler.

Die Zögerlichen

Jedoch gäbe es leider auch immer noch ein paar Lehrpersonen, die das Thema bislang völlig ignorieren und noch nicht in ihren Unterricht eingebaut haben. Warum das so ist, können sich die Jugendlichen nicht erklären. Dabei würden sie sich so sehr einen offenen Umgang auf Augenhöhe mit diesem Thema wünschen. "Lehrerinnen und Lehrer könnten von einem unbefangenen Ansatz gegenüber KI und einer Anpassung der Unterrichtsgestaltung enorm profitieren", meint Ben. Viele seien aber nur über die zunehmende Verbreitung von Täuschungsversuchen mit KI besorgt und das sei eben nur die eine Seite der Medaille. Zum Abschluss des Gesprächs geben die beiden noch einen Tipp für Lehrerinnen und Lehrer: "Wenn man mehr auf die individuellen Interessen der Schülerinnen und Schüler eingeht, wird automatisch die Motivation gefördert und damit das Risiko von Plagiatsversuchen mit KI stark minimiert".

Roadmap für den Umgang mit KI

Mit Blick auf die Erkenntnisse aus diesem Gespräch zeigt sich für mich einmal mehr die Vielfalt der Perspektiven, der Chancen und natürlich auch der künftigen Hürden, denen sich die Lehrerinnen und Lehrer stellen müssen. Spätestens im Jahr 2024 ist es unumgänglich, sich verstärkt mit dieser Thematik auseinanderzusetzen, will man nicht von dieser Lawine an Möglichkeiten und neuen Herausforderungen überrollt werden. Und genau dabei soll dieser Blog unter anderem helfen und all jenen einen Einblick geben, die wissen wollen, wie sehr das Thema Künstliche Intelligenz derzeit den gesamten Bildungssektor fundamental und radikal verändert. (Bernhard Gmeiner, 18.4.2024)