Karner Kickl Spionage Ott Nationalrat
Herbert Kickl am Mittwoch im Parlament: Angriff als (erst)beste Verteidigungsstrategie der FPÖ – in der Spionageaffäre rund um Egisto Ott ging es gegen die ÖVP und Innenminister Gerhard Karner.
APA/Helmut Fohringer

Kaum ein Tag vergeht derzeit ohne neue Enthüllungen im Spionagefall rund um Egisto Ott. Es ist sehr verworren und auch verwirrend: Diensthandys von Spitzenbeamten und Laptops mit Superverschlüsselung, die nach Russland verkauft wurden; ein Journalist, in dessen Wohnung russische Agenten auf Geheiß des damaligen BVT-Beamten Ott einbrachen, um dessen Laptop mit Kreml-kritischen Recherchen zu stehlen – und da und dort, immer wieder, höchst mysteriöse Querverbindungen zur FPÖ und zu deren Chef Herbert Kickl. Wie man es dreht und wendet: Die Affäre Ott kommt Kickl gefährlich nahe.

Ein Indiz dafür ist auch sein superaggressives Wüten in alle Richtungen – vor allem aber gegen die ÖVP – im Nationalrat am Mittwoch, ebenso wie das präpubertäre Geplärre des blauen EU-Spitzenkandidaten Harald Vilimsky auf X sowie das Wüten auf FPÖ-TV gegen das neu erschienene Kickl-Buch der "Profil"-Kollegen Gernot Bauer und Robert Treichler. Die FPÖ und ihr Chef wissen, dass letztlich die große – und für die Partei sehr unangenehme – Frage im Raum schwebt: Ist die FPÖ das Einfallstor für russische Einflussnahme in Österreich? Viele Indizien legen das nahe, nach Meinung aller anderen Parlamentsparteien ist das fast schon eine fixe Tatsache.

Nie wieder Innenminister?

Man müsse dafür sorgen, dass Kickl nie wieder Innenminister werden oder eine ähnlich einflussreiche Position einnehmen könne, sagte Grünen-Klubobfrau Sigi Maurer im Parlament, und alle – bis auf die FPÖ – stimmten zu.

Es ist fraglich, ob ÖVP, Grüne, SPÖ und Neos überhaupt in die Lage kommen, das verhindern zu können. Sprich: Wie wird sich die Spionageaffäre, wie werden sich die Russland-Verstrickungen der FPÖ im Herbst auf das Wahlergebnis auswirken? Skepsis ist angebracht, ob das die Begeisterung ausgewiesener Kickl-Fans dämpft. Wenn offensichtlich falsche Behauptungen zum Thema Corona und Impfungen, wenn haarsträubende Beschimpfungen politischer Gegner diesbezüglich nichts ausrichten konnten – wieso sollte es eine verworrene Spionageaffäre tun? Was kümmert es den FPÖ-Fan, wenn die Blauen halt ein bisschen nett zu Russen sind? Es könnte ja schließlich alles wieder nur ein Puzzleteil einer großen, gemeinen Weltverschwörung gegen Herbert Kickl sein.

Inhaltlich argumentieren hilft

Kickls politische Gegner werden hart arbeiten müssen, um jene, die noch schwanken, zu überzeugen, dass die FPÖ an der Regierungsmacht Österreich massiv schaden könnte. Sie werden genau erklären müssen, was es bedeutet, wenn die selbst ernannte "Sicherheitspartei" etwa nichts dagegen tun würde, wenn russische Agenten – wie eben erst in Deutschland enthüllt – Sabotageaktionen auf kritische westliche Infrastruktur planen. Man wird darlegen müssen, was es bedeutet, wenn Kickl und Co planen, das Land von seinen EU-Partnern zu isolieren, welche Nachteile und hochgefährliche Unsicherheiten das für jeden Einzelnen in Österreich mit sich brächte.

Kickls politische Konkurrenz muss sich dieselbe Mühe machen wie der CDU-Politiker Mario Voigt vor kurzem in der TV-Debatte mit dem Thüringer AfD-Chef Björn Höcke: inhaltlich kontern, sagen, was ist, wenn sich die FPÖ mit ihren Vorstellungen durchsetzt. (Petra Stuiber, 18.4.2024)