Schülerinnen aus Syrien und Afghanistan lernen am Tablet
Die Integration von Geflüchteten und Zugewanderten bereitet der heimischen Bevölkerung Sorgen. Zuletzt sorgte vor allem die Flüchtlingszahl an Schulen für innenpolitische Debatten.
IMAGO/Frank Hoermann/SVEN SIMON

Die größten Sorgen bereitet den Österreicherinnen und Österreichern derzeit die Inflation. Gleich danach kommen Bedenken über ein überfordertes Gesundheitssystem, hohe Steuern und die Integration von Zugewanderten. Das jedenfalls ergibt die Auswertung des heurigen Integrationsbarometers, für das Meinungsforscher Peter Hajek im Auftrag des ÖIF 1000 österreichische Staatsbürgerinnen und Staatsbürger ab 16 Jahren zum Zusammenleben von Menschen mit und ohne Migrationshintergrund befragt hat.

Konkret wird die Sorge wegen der Teuerung von 42 Prozent der Befragten genannt. Im Vergleich zum Oktober des Vorjahres ist dieser Wert leicht gesunken. An zweiter Stelle folgen Engpässe in der Gesundheitsversorgung und Pflege mit 33 Prozent, auf Platz drei liegen gleichauf die hohe Steuerbelastung und die Integration von Geflüchteten, Zuwanderinnen und Zuwanderern mit je 32 Prozent. Das Zusammenleben mit Flüchtlingen und Zugewanderten wird dabei neuerlich vorwiegend negativ bewertet. Im Vergleich zur vergangenen Umfragewelle im Oktober 2023 wird der gesellschaftliche Zusammenhalt aber etwas positiver eingeschätzt. Auch die Bewältigung des Flüchtlingszuzugs wird heute etwas positiver gesehen als damals.

Politischer Islam als Sorgenkind

Beim Thema Zuwanderung stellen die Integration von Flüchtlingen und Zugewanderten (32 Prozent "sehr oft") und die Verbreitung des politischen Islam (30 Prozent "sehr oft") die zentralen Sorgen für die befragten Personen dar. Beide Themen sind im Vergleich zum Oktober 2023 konstant auf hohem Niveau geblieben. Das Überschwappen des Ukrainekriegs auf weitere europäische Länder nehmen 23 Prozent als stark beunruhigend wahr (Oktober 2023: 19 Prozent), während für 20 Prozent eine steigende atomare Bedrohung durch Russland ein sehr beunruhigendes Szenario darstellt (Oktober 2023: 16 Prozent). Die Eskalation der Lage im Nahen Osten nehmen 21 Prozent als sehr beunruhigendes Szenario wahr.

Fast zwei Drittel (65 Prozent) sind der Meinung, dass Österreich den Zuzug von Flüchtlingen und Asylsuchenden aktuell nicht gut bewältigen kann, während 31 Prozent die Bewältigung des Zustroms als "sehr oder eher gut" einschätzen. Im Vergleich zur letzten Umfragewelle im Oktober (25 Prozent) ist der Anteil der positiven Bewertungen leicht gestiegen. Aus Sicht einer Mehrheit (55 Prozent) ist die Anzahl an Asylsuchenden, die aktuell im Land ankommen, (eher) nicht bewältigbar. 41 Prozent meinen, dass dies "eher oder auf jeden Fall" zu bewerkstelligen ist.

Solidarität mit Ukraine-Vertriebenen

Das Zusammenleben von Österreicherinnen und Österreichern mit Flüchtlingen, Zugewanderten sowie Musliminnen und Muslimen wird erneut kritisch bewertet: 61 Prozent bezeichnen es als eher oder sehr schlecht. Vorwiegend negativ eingeschätzt wird das Zusammenleben in Schulen, Wohnvierteln und im öffentlichen Raum. Im Arbeitsumfeld und in Einkaufsvierteln wird es dagegen eher positiv beurteilt.

Nach wie vor besteht eine hohe Solidarität mit Vertriebenen aus der Ukraine: 60 Prozent der befragten Personen empfinden das Zusammenleben mit Vertriebenen aus der Ukraine "sehr oder eher gut". Den gesellschaftlichen Zusammenhalt empfindet rund die Hälfte der befragten Personen (51 Prozent) aktuell als "sehr oder eher schlecht", während 46 Prozent den Zusammenhalt als "sehr oder eher gut" bewerten. Gegenüber Oktober des Vorjahres lässt sich eine leichte Verbesserung der Bewertung um je fünf Prozentpunkte feststellen.

Sprache ausschlaggebend für Integration

Die größten Integrationsherausforderungen sehen die Befragten bei der Einstellung gegenüber Frauen (54 Prozent), beim politischen Islam und Radikalisierung (52 Prozent) sowie bei der Ausnutzung des Sozialsystems (49 Prozent). Mangelnde Deutschkenntnisse, Gewaltbereitschaft und Kriminalität sowie die Entstehung von Vierteln, in denen besonders viele Zugewanderte wohnen, wurden als weitere große Probleme angegeben. Kulturelle und sprachliche Unterschiede sowie Gewaltbereitschaft und Kriminalität sehen im Vergleich zur letzten Umfrage weniger Befragte als große Sorge.

Über 90 Prozent der Menschen im Land sehen das Wissen über Gesetze und Werte sowie deren Anerkennung, eine Berufstätigkeit und gute Kenntnisse der deutschen Sprache nach wie vor ausschlaggebend für eine gelungene Integration. Der Anteil der Personen, die das Funktionieren von Integration als sehr oder eher schlecht bewerten, ist im Vergleich zur letzten Umfrage gesunken und liegt nun bei 69 Prozent. Für zwei Drittel der Befragten (64 Prozent) stehen ausreichend Angebote für eine gelungene Integration der Zugewanderten zur Verfügung.

Unter den abgefragten Vorschlägen zum Thema Migration und Integration befürwortet ein Großteil (85 Prozent) den Erwerb der Grundkenntnisse in Deutsch innerhalb bestimmter Fristen. Einem verpflichtenden Integrationsjahr stehen 76 Prozent positiv gegenüber, 75 Prozent befürworten eine Asylobergrenze. Eine breite Mehrheit von 75 Prozent ist außerdem dafür, den Zuzug von qualifizierten Arbeitskräften zu erleichtern und Migrantinnen und Migranten dabei zu unterstützen, dass im Ausland erworbene Qualifikationen in Österreich rascher Anerkennung erlangen. (tschi, 30.4.2024)